Wir, Andrea und ich, sitzen gemütlich in einem kleinen Lokal, als es draußen einen gewaltigen Schlag tat………………………….
Der Abend sollte gemütlich ausklingen. Wir hatten die Kinder nach Hause gebracht und fuhren mit dem Auto in die Stadt, in die Straße am Nam Khan, zum Essen. Es war das Lokal des Künstlers, bei dem ich ein Bild erstanden hatte. Das Essen war sehr wohlschmeckend, wir waren fertig und ins Gespräch vertieft, als es draußen auf der Straße den großen Knall tat und alle Laoten hinausrannten. Ich sagte, oh sicher ein Unfall. Auf einmal meinte Andrea, das könnte mit unserem Auto sein. Wir wurden ganz schnell und liefen ebenfalls nach draußen. Ja, leider richtig, eine junge Laotin war an der hinteren linken Seite auf das Auto geprallt und umgestürzt. Um das ganze herum stand eine große Menschentraube von Laoten, die wild durcheinander redeten. Die junge Frau wurde aufgehoben und es schien, was sich später dann zum Glück bestätigte, dass sie nur leichte Prellungen und eben einen Schock hatte.
Ich griff als erstes zu meinem Telefon, um Markus zu verständigen, auch um ihn zu Hilfe zu bitten. In der Menschentraube entdeckte ich Aurun, die ich fragte, was jetzt hier abgeht. Sie meinte, dass die Menschen denken, dass ich die Polizei anrufe. Ich bat sie zu übersetzen, dass dies nicht der Fall sei. Ein junger Mann gab mir zu verstehen, dass er Ber kenne und wisse, wem das Auto sei. Wie sich dann herausstellte, war er Bers Bruder, der ganz nahe dabei wohnt. Dann tat sich ein Mann (der Dorfpolizist des Stadtteiles) besonders hervor, der auf die junge Frau einredete und ich verstand immer nur „tola sap“, Telefon. Ja es war sicher auch so, die junge Frau fuhr ohne Licht und telefonierte oder machte sonst was am Telefon und so war es passiert. Ich hatte oft genug gesehen, wie die Laoten auf dem Moped telefonieren oder sogar Sms schrieben.
Inzwischen war Markus eingetroffen, der natürlich nicht begeistert von der Situation war, aber uns etwas „aus der Schusslinie“ brachte und eben laotisch sprach.
Es stellte sich dann nämlich heraus, dass bei Unfällen mit Falang, also Ausländern, man schon gerne von deren Schuld ausgeht. Eben so: wärst du nicht da und hättest da nicht dein Auto geparkt, wäre doch gar nichts passiert. Wer ist also schuld?
Wie Markus dann übersetzte, wollte die junge Frau gleich Geld von ihm, dass sie das Moped reparieren lassen kann, 100 000 KIP und alles ist erledigt. Nun waren da aber noch all die „Zeugen“, vielleicht 25 an der Zahl und davon drei Laoten, die Markus kannten und somit auf seiner Seite waren. Es entstand eine wilde Debatte, an der sich alle beteiligten. Markus hatte inzwischen seinen Versicherungsvertreter angerufen und er kam sogar nach einer halben Stunde zum Unfallort. Wir hatten inzwischen unsere Rechnung im Lokal beglichen und uns auf einen „Aussichtsposten“ beim gegenüber liegenden Belgier und einer Flasche Laobier zurück gezogen. Markus pendelte immer hin und her, denn die entscheidenden Debatten führten die Laoten aus den umliegenden Häusern. „Es wäre vielleicht besser gewesen, nachdem die Frau aufgestanden und ersichtlich nicht größer verletzt war, einfach wegzufahren,“ meinte Markus zwischendurch, „denn was bringt das hier?“ Es schien aber dann so, das die junge Frau gar nicht anders konnte, bei so vielen Fürsprechern für die andere Seite, als die Schuld zu zugeben. Markus erreichte, dass ihr Moped zur Sicherheit für das weitere Vorgehen bei Bers Verwandten eingeschlossen wird. Mit dem Versicherungsmensch (er erhielt erst mal ein Trinkgeld unter der Hand) wurde vereinbart, sich am nächsten Morgen um 8:30 Uhr an gleicher Stelle erneut zu treffen, was mich doch sehr verwunderte. Markus fragte nochmals nach, ob das so richtig verstanden sei und wir fuhren endlich nach Hause.
Am nächsten Morgen, nachdem ich die Kids zur Schule gebracht hatte, fanden wir, ich, Markus und eine Mitarbeiterin von Tigertrail mit den Versicherungsunterlagen, uns wieder am Ort des Geschehens ein. Wer natürlich nicht da war der Versicherungsvertreter und die Unfallverursacherin. Aber ihr Moped wurde herbeigeholt, das war ja das Pfand. Ein Anruf beim Versicherungsmensch ließ uns wissen, er sei noch beim Essen. Auch beim erneuten Anruf nach einer halben Stunde aß er noch. Nach seinen Anweisungen sollten wir dann das Auto zur Werkstatt fahren und dort sollte der Schaden inspiziert werden. Auf meine Frage, ob das Trinkgeld zu gering war, meinte Markus, „ne, ne, dafür kommt er hoffentlich beim nächsten Mal auch wieder zur Unfallstelle!“
Markus und ich, etwas entnervt, aber so ist halt Laos, gingen erst mal ins Pilgrim Café um Frenchtoast und Kaffee, bzw. Tee zu frühstücken. Danach fuhr ich mit zwei Männern von Taigertrail zur Werkstatt. Dort begutachteten gleich fünf Männer den Schaden und einer schrieb dann auf seinen Zettel am Klemmbrett zwei Zahlen. Strich darunter und der Schaden belief sich auf 1.115 000 KIP (ca. 100 €). Inzwischen war die junge Frau mit einem Begleiter eingetroffen und reagierte tief betroffen, den Tränen nahe auf die Eröffnung der Schadenshöhe.
Der Wagen blieb zur Reparatur in der Werkstatt und ich wurde von den Taigertrailmitarbeitern zurück zum Guesthouse gebracht.
Ich war froh, dass ich nicht alleine die ganze Sache durchstehen musste und bin überzeugt, dass es ganz anders für mich ausgegangen wäre.